Moskouse interesse in Spinoza bij zijn 250e sterfdag in 1927

Niet alleen in het Spinozahuis in Den Haag werd in 1927 een herdenkingsplechtigheid gehouden ter herdenking van de 250e sterfdag van Spinoza, ook de Kommunistische Akademie van Moskou organiseerde dat jaar een herdenkingsdag over Spinoza’s plaats in de voorgeschiedenis van het dialektisch materialisme.

Op 21 februari 1927 werd achter de Nieuwe Kerk te Den Haag, waar men vermoedt dat Spinoza’s gebeente ligt, een gedenksteen onthuld door dr. J.H. Carp namens de stichting Domus Spinozana, waarna de Franse gezant De Marcilly er een krans op legde. Diezelfde avond werden in de Rolzaal der Grafelijke zalen op het Binnenhof herdenkingstoespraken gehouden. De volgende dag werd Spinoza's sterfhuis aan de Paviljoensgraf officieel als Domus Spinozanum 'ingewijd'.

In Moskou werden tijdens een feestelijke zitting van de Kommunistische Akademie op 2 April 1927 twee toespraken gehouden ‘aus Anlaß des Todestages Spinozas’.

Abram Moiseevich Deborin (foto) sprak over Die Weltanschauung Spinozas. Hij begon met uitvoerig commentaar op het beeld van Spinoza dat door de Haagse viering werd uitgedragen!

August Thalheimer over Die Klassenverhältnisse und die Klassenkämpfe in den Niederlanden zur Zeit Spinozas

Samen met een essay van August Thalheimer: Spinozas Einwirkung auf die Klassische Deutsche Literatur en met een voorwoord van Hermann Duncker werden deze toespraken in 1928 in een boekje uitgegeven.

Al deze teksten zijn gedigitaliseerd in 2004 door een organisatie die zich inspant om Marxistische en communistische teksten op internet te brengen [ik gaf hierboven reeds de links].

Op deze teksten kom ik terug. Hier neem ik het voorwoord van Hermann Duncker over [zijn afbeelding op een postzegel uit de DDR]

 

Hermann Duncker: Vorwort Die vorliegende Schrift ist die Zusammenfassung dreier unabhängig voneinander entstandener Reden und Aufsätze von Thalheimer und Deborin. Die zwei Reden wurden anläßlich der 250. Wiederkehr des Todestages von Spinoza (gestorben am 21. Februar 1677) vor der Kommunistischen Akademie in Moskau gehalten.

Was rechtfertigt den Neudruck dieser beiden „Gelegenheitsreden“ und des Aufsatzes von Thalheimer über „Spinozas Einwirkung auf die klassische deutsche Literatur“ außer der Tatsache, daß beide Verfasser hervorragende und anerkannte Spezialisten auf dem Gebiet der marxistischen Durchdringung philosophischer Probleme sind?
Die alte „Internationale Bibliothek“ der deutschen Sozialdemokratie - jener erste Versuch einer Schriftenreihe im Geiste des Marxismus - brachte zu Beginn ihrer Veröffentlichungen (1891) ein Buch des Stuttgarter Rabbiners und Spinoza-Uebersetzers Jakob Stern: „Die Philosophie Spinozas, erstmals gründlich aufgehellt und populär dargestellt“.
[i]

Wenn jetzt die „Marxistische Bibliothek“ des modernen Kommunismus ebenfalls ein Spinoza-Bändchen vorlegt, so geschieht es aus dem Bewußtsein heraus, daß Spinoza ein für die marxistische Weltanschauung bedeutsamer Vorläufer war und wir in Spinoza den kühnsten Denker des XVII. Jahrhunderts verehren .[ii] Hat der Marxismus seine materialistische Einstellung zu einem wesentlichen Teil Feuerbach entnommen, so griff er damit auch auf Spinoza zurück. „Feuerbachs ‚Humanismus‘ ist ein von seinem theologischen Anhängsel befreiter Spinozismus“ - so hat einstmals G. Plechanow das Verhältnis von Feuerbach zu Spinoza treffend gekennzeichnet.[iii] Und auch Marx und Engels sind sich der Geistesverwandtschaft mit Spinoza voll bewußt gewesen.
Die marxistische Weltanschauung läßt sich ja von den verschiedensten Seiten her philosophisch charakterisieren. Sie ist in erster Linie eine Entwicklungslehre (D i a l e k t i k) und zweitens M a t e r i a l i s m u s. Als solche „natürliche Weltanschauung“ ist sie aber auch zugleich „A t h e i s m u s“ und, insofern sie dementsprechend das Nebeneinanderbestehen einer natürlichen und einer übernatürlichen Welt ablehnt, „M o n i s m u s“ (Einheitsauffassung) und schließlich auch „D e t e r m i n i s m u s“ (Lehre von der kausalen Bedingtheit aller Erscheinungen). Gerade die beiden zuletzt aufgeführten Kennzeichnungen gehen philosophiegeschichtlich auf Spinozas Lehre zurück.
Spinoza hat mit unerbittlicher Schärfe die Lehre vom Determinismus auch in ihrer speziellen Form als „Lehre von der Unfreiheit des Willens“ aufgestellt und wissenschaftlich begründet,
[iv] und Spinoza hat das erste streng monistische System der neuzeitlichen Philosophie entwickelt. Der „Pantheismus“ Spinozas ist ja nichts anderes als ein grandioser Monismus. Spinoza kennt nur die eine allumfassende und sich in allem auswirkende „Substanz“. Daß er sie auch „Gott“ nennt - „Gott oder Substanz oder Natur“ (Deus sive substantia sive natura) - ist nur ein theologisches Rudiment, eine äußerliche Konzession an die herrschende Ideologie. Und wenn Spinoza dieser Substanz die Attribute der Ausdehnung und des Denkens zuspricht - übrigens unter Hervorhebung der Möglichkeit weiterer, unserer menschlichen Erkenntnis unzugänglicher Attribute -‚ so ist das nicht so „metaphysisch“ aufzufassen, wie es den Anschein haben könnte. Es ist im Grunde genommen doch ein „materialistischer“ Ausgangspunkt. Sehr interessant ist es, daß gerade Engels diese Auffassung Spinozas akzeptiert hat. Plechanow teilt aus einem im Jahre 1889 erfolgten Gespräch mit Engels folgendes mit:

" Eines Tages kam unser Gespräch auf die Philosophie. Engels verurteilte scharf das, was Genosse Stern in sehr ungenauer Weise den ‚naturphilosophischen Materialismus‘ nennt. ‚Sie glauben also - fragte ich -, daß der alte Spinoza recht hatte: Der Gedanke und die Ausdehnung sind nichts als die beiden Attribute einer einzigen Substanz?‘ ‚Gewiß - antwortete Engels -, der alte Spinoza hat vollständig recht gehabt. " („Neue Zeit“, 16. Band. 2. Hälfte, 1898, , S. 554f)

Die nunmehr vorliegende Veröffentlichung der naturphilosophischen Studien aus dem Nachlaß von Engels (Engels, „Dialektik und Natur“, siehe Marx-Engels-Archiv, 2. Band (1927] 5. 117ff.) zeigt übrigens zur Genüge, wie Engels spinozistische Begriffe zur Kennzeichnung des eigenen dialektisch-materialistischen Standpunktes verwendet.[v]
Karl Marx hatte in seinem mit Engels zusammen herausgegebenen Literarischen Erstling „Die heilige Familie“ (1845) zwar von einem „Gegensatz des französischen Materialismus gegen die Metaphysik des Descartes, Spinoza, Malebranche und Leibniz“ gesprochen, andererseits aber doch zustimmend bemerkt, daß „Hegels Geschichte der Philosophie den französischen Materialismus als Realisierung der spinozistischen Substanz darstellt“.
[vi]Gerade im Hinblick auf diese letztere Stelle formulierte Plechanow:

" Der Spinozismus von Marx und Engels war also der modernste Materialismus" [vii]

Das was Spinozas System so auszeichnet: seine innere Geschlossenheit, seine strenge Kausalitätsauffassung und sein materialistischer Grundcharakter, zeigt seine Richtung auf den Marxismus hin. Auch der für Marx‘ Denken so wichtige Gegensatz von Wesen und Erscheinungsform[viii]  ist schon angedeutet in Spinozas Gegenüberstellung von essentia und existentia, d. h. von Wesenheit und Wirklichkeit.
Im übrigen findet der Leser in Deborins Rede „Ueber die Weltanschauung Spinozas“ reiches und unseres Erachtens unwiderlegbares Material zur Bekräftigung des Schlusssatzes Deborins:

" „Wir müssen in Spinoza einen Vorläufer des dialektischen Materialismus sehen. Der wirkliche Erbe Spinozas ist daher nur das moderne Proletariat.“ "

Eine kurze b i o g r a p h i s c h e Kennzeichnung S p i no z a s mag hier noch folgen: Baruch de Spinoza wurde 1632 in Amsterdam geboren. Er entstammte einer infolge religiöser Bedrückung aus Portugal nach den Niederlanden ausgewanderten jüdischen Familie. 1656 wurde Baruch - 23 jährig! - wegen seines freien Denkens aus der Synagoge durch schauerlichen Bannfluch ausgeschlossen. Seitdem nennt er sich Benedict,[ix] schloß sich aber keiner anderen Religionsgemeinschaft an. Der erste „religionslose“ Europäer! Man hatte übrigens vergeblich, sowohl mit Geldversprechungen wie auch durch Bedrohung mit Attentaten, Spinoza an der jüdischen Glaubensgemeinde festzuhalten versucht. Da Spinoza auch aus der Stadt Amsterdam ausgewiesen wurde, lebte er in verschiedenen Städten Hollands. Seinen bescheidenen Lebensunterhalt erwarb er sich durch Schleifen optischer Gläser; das Einatmen von Glasstaub hat wahrscheinlich seinen frühen Tod befördert. Einen Ruf an die Universität Heidelberg (1673) lehnte Spinoza ab. Es war ihm „Freiheft des Lehrens“ zugesichert worden, wobei aber die Erwartung ausgesprochen wurde, daß er nicht gegen die Religion auftreten werde. Spinoza antwortete, daß er nicht wisse, „innerhalb welcher Grenzen jene Freiheit zu philosophieren gehalten sein müsse, damit er nicht die öffentlich feststehende Religion umstürzen zu wollen scheine“. 1677 ist Spinoza im Haag gestorben. Zu seinen Lebzeiten war neben einer kurzen Wiedergabe der Lehre des Descartes nur der „Theologisch politische Traktat“, eine radikale Streitschrift für Denkfreiheit und Bibelkritik erschienen (1670), - aber anonym und mit fingiertem Druckort. Das Buch wurde übrigens sofort verboten. Spinozas Hauptwerk „Die Ethik“ wurde erst nach seinem Tode veröffentlicht (1677). Spinozas Schriften sind in der Gelehrtensprache des Mittelalters, also lateinisch abgefaßt.[x]

Berlin, den 10. Juli 1928.
Hermann Duncker



[i] Auch die seit 1883 erscheinende sozialistische wissenschaftliche Revue „Die Neue Zeit“ enthielt im 5. Jahrgang (1887) einen längeren Aufsatz über den Theologisch-politischen Traktat von B. Spinoza“, der mit den Worten begann: „Kein philo-sophisches System ist mit den Ergebnissen der exakten Forschung unserer Zeit mehr in Einklang als das Spinozas. (S. 83.)

[ii] In einem sonst ziemlich mageren Aufsatz: „Spinoza und Marx“ nennt der bekannte Soziologe Professor Tönnies diese beiden Männer „offenbar die bedeutendsten von den Denkern und Gelehrten jüdischer Abstammung. die einen tiefen Einfluß auf die gesamte moderne Geistesbildung gewonnen haben“. („Neue Zeit“. 39. Band, 1. Hälfte, 1921, S. 573.)

[iii] G. Plechanow, „Die Grundprobleme des Marxismus“, Stuttgart l910. S. 15.

[iv] In seinen Briefen gibt Spinoza einmal folgende anschauliche Darstellung von dem Aberglauben des freien Willens: „Denken wir uns, ein Stein empfängt von einer ihn treffenden äußeren Ursache eine gewisse Quantität Bewegung, vermöge welcher er, auch wenn der Stoß der äußeren Ursache aufhört, notwendig in seiner Bewegung fortfahren wird ... Denken Sie sich ferner, daß der Stein, während er seine Bewegung fortsetzt, denke und wisse, daß er, soviel er vermag, seine Bewegung fortzusetzen strebe, so wird dieser Stein, da er sich bloß seines Strebens bewußt und durchaus nicht indifferent ist, glauben, daß er ganz frei sei und aus keiner anderen Ursache in der Bewegung verharre, als weil er will. Und das ist die menschliche Freiheit, die alle haben wollen und die bloß darin besteht, daß die Menschen sich ihres Begehrens, aber nicht der Ursachen, durch die sie bestimmt werden, bewußt sind. So glaubt der Säugling, daß er die Milch aus freien Stücken wolle, der erzürnte Knabe, daß er die Rache, und der Furchtsame, daß er die Flucht wolle... Und weil dieses Vorurteil allen Menschen eingeboren ist, werden sie nicht so leicht davon befreit.“ (Vergleiche Stern, „Die Philosophie Spinozas“, 3. Auflage, (6) 1908, S. 103 f; siehe auch Bucharin, „Theorie des historischen Materialismus“, 1922. S. 27 f.)

[v] Das vorliegende Buch bringt dazu wichtige Belegstellen. Es mag noch daran erinnert werden, daß Engels auch auf Descartes und Spinoza als „glänzende Vertreter der Dialektik in der neueren Philosophie “ hingewiesen hat (Engels. „Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“, Elementarbücher des Kommunismus. Bd. 7, S. 23).

[vi] Aus dem literarischen Nachlaß von Karl Marx, Friedrich Engels und Ferdinand Lassalle. 2. Bd. (1902), S. 240.

[vii] Plechanow, „Die Grundprobleme des Marxismus“. S. 16.

[viii] Vergleiche Marx, „Kapital“, III. Bd., II. Hälfte, S. 352: „Alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen.“ Siehe auch Marx‘ „Lohn, Preis und Profit“, S. 41.

[ix] Die lateinische Uebersetzung von Baruch, d. h. „Der Gesegnete“.

[x] Eine billige, populäre Uebersetzung der Hauptwerke Spinozas und seines Briefwechsels von J.Stern ist auch in Reclam Verlag erschienen.

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Foto Abram Moiseevich Deborin is afkomstige uit de 3e editie van de Grote Sowjet Encyclopedie [van hier]

Reacties

Ik zie uit naar je forthcoming verslag van de bijdragen van Deborin en Thalheimer. Ben trouwens van mening dat wij meer aandacht dienen te besteden aan de communistische 'verwerking' van Spinoza.In deze blog werd gesproken over 'Genosse Jacob Stern'. Dat was een heel interessante figuur in de sociaal-democratie, die geen onverdienstelijk werk heeft verricht voor onze kennis van Spinoza. Ik bezit over deze erudiete en bevlogen marxistische Spinozist een buitengewoon interessant artikel van de al even erudiete Manfred Lauermann: JACOB STERN - SOZIALIST UND SPINOZIST. EINE KLEINE SKIZZE ZUM 150. GEBEURTSTAG, te vinden in H. Delf, J. Scheps, M. Walther (Hrsg.), SPINOZA IN DER EEUROPAISCHEN GEISTESGESCHICHTE (1994) 365-392 (d.i. de bundel waarin ik mijn voordracht heb staan over "Hermann Boerhaave (1668-1738) oder Spinozismus als rein mechanische Wissenschaft des Menschen"). Lauermann staat vermeld in de Duitse Wikipedia.

De wens van Wim is vandaag vervuld: onder de titel 'Karl Marx, een ‘a(b)no(r)male’ lezer van Spinoza' schrijft Miriam van Reijen in VMT ( http://www.imavo.be/vmt/11111-van%20Reijen.pdf ), het Vlaams Marxistisch Tijdschrift. Daarin nog meer marxistische schrijvers over Spinozana, oa over Negri: http://www.imavo.be/vmt/recent.html .

Overigens was Spinoza filosoof nr. 2 in de Sowjet-Unie (na Marx), las ik onlangs in een uitgave van EUR.