Ludwig Feuerbach (1804–1872) Kritische Schlußbemerkungen über Spinoza
Al meermalen
heb ik teksten van Feuerbach in blogs opgenomen (zie zoekvenster). Aan zijn
uitgebreide paragrafen over Spinoza in zijn, Geschichte der neuern Philosophie VIII. Benedikt v. Spinoza [onlangs weer opnieuw uitgegeven] voegde
hij in 1833 een paragraaf § 99. Kritische Schlußbemerkungen von 1833 toe,
waaraan hij veertien jaar later een uitgebreidere paragraaf toevoegde: § 100.
Kritische Schlußbemerkungen von 1847
Die laatste neem ik graag over in dit blog [paginering en noten achterwege gelaten; daarvoor verwijs ik naar zeno.org, waarvan ik de tekst overnam].
Feuerbach
heeft Spinoza goed bestudeerd, maar is uiteraard, zo blijkt uit zijn
commentaar, flink beïnvloed door Kant en nog meer door Hegel [gezien zijn scheiding in einer Intellektual- und einer Sinnenwelt" en: God zou bij Spinoza "nur ein Denk- oder Verstandeswesen" zijn]. Toch blijft het
nuttig zo’n commentaar te lezen. Het mooist vind ik het slot, waarin hij zich
op het standpunt van de gelovigen stelt: als je iets ‘God’ noemt die niets persoonlijks
meer heeft en geen wonderen kan doen – wat is dat dan nog voor God. Ook een
godsdienstcriticus als Feuerbach kan niet uit de voeten met zo’n louter filosofische
‘verstandsgod’, die hij in Spinoza leest. .
§ 100.
Kritische Schlußbemerkungen von 1847
Was ist denn,
bei Lichte besehen, das, was Spinoza logisch
oder metaphysisch Substanz, theologisch Gott nennt?
Nichts andres als die Natur. Dies beweisen nicht nur indirekt die Bestimmungen,
welche Sp. von der Substanz gibt, wie z.B., daß sie nicht um eines Zwecklos
willen handle, nicht mit Vorbedacht und Absicht, sondern mit Notwendigkeit
wirke – Bestimmungen, die nur in der Anwendung auf die Natur Sinn haben –,
sondern auch ausdrücklich und direkt seine Worte. Gott und Natur sind ihm
gleichbedeutend. »Die Macht«, sagt er z.B. (»Eth.«, P. IV, Pr. 4, Dem.),
»wodurch die einzelnen Dinge und folglich der Mensch sein Sein erhält, ist
selbst die Macht Gottes oder der Natur.
Die Macht des Menschen ist daher ein Teil der unendlichen Macht Gottes oder der Natur.« Seine Gegner
warfen ihm daher schon bei Lebzeiten vor, daß er Gott mit der Natur
konfundiere. Sie hatten recht; aber eben so recht hatte Spinoza, wenn er seinen
Gegnern, den christlichen Philosophen und Theologen, vorwarf, daß sie Gott mit
dem Menschen konfundierten.
Die
historische Bedeutung und Würde Spinozas liegt eben gerade hierin, daß er im
Gegensatz zur christlichen Religion und Philosophie die Natur vergötterte, die
Natur zum Gott und Ursprung des Menschen machte, während jene das menschliche
Wesen zum Gott und Ursprung der Natur machen. Der »Tractatus
Theolog.-politicus« ist deswegen eine der wichtigsten Schriften Sp.s, weil er
diesen Gegensatz aufs schärfste hervorhebt. Der praktische Zweck dieser Schrift
ist, die Notwendigkeit und Heilsamkeit vollkommner religiöser und
philosophischer Gedankenfreiheit zu beweisen, den Despotismus des Geistes zu
bekämpfen, denn dort sagt er, wird am gewalttätigsten regiert, wo nicht jeder
die Freiheit hat, zu sagen und lehren, was er denkt (cap. 20), wo selbst die
Meinungen, zu denen jeder ein unveräußerliches Recht hat, für Verbrechen gelten
(cap. 18). Seine Gründe für diese Freiheit sind aber kürzlich folgende: Die
Verschiedenheit der Menschen zeigt sich nirgends mehr als in ihren Meinungen,
namentlich religiösen, so daß, was den einen zur Ehrfurcht, den andern zum
Lachen stimmt; es ist daher dem Urteil eines jeden zu überlassen, was er
glauben will, wofern ihn nur sein Glauben zu guten Werken bewegt, denn der
Staat hat sich nicht um die Meinungen, die sich ja so seiner Macht entziehen,
sondern nur um die Handlungen der Menschen zu bekümmern. Der Glaube, die
Religion, die Theologie hat überhaupt keine theoretische Bedeutung, Wahrheit
und Gültigkeit, ihr Wert und Beruf ist einzig ein praktischer, ist allein, die
Menschen, die nicht durch Vernunft bestimmt werden, zum Gehorsam, zur Tugend
und Glückseligkeit zu bringen; Torheit darum, tiefe Geheimnisse und
Erkenntnisse geistiger und natürlicher Dinge in der Religion zu suchen. (cap.
2) Wahrheit ist nicht die Sache der
Theologie, sondern der Philosophie. Philosophie und Theologie haben daher gar
nichts miteinander gemein. Philosophiae enim scopus nihil est praeter
veritatem, fidei autem nihil praeter obedientiam et pietatem. (cap. 14)
Was ist denn
nun aber der Grund dieser Differenz zwischen Religion oder Theologie und
Philosophie? Dieser: Der Gegenstand oder Gott, wie er Gegenstand der Religion,
ist ein menschliches, der Gegenstand aber oder Gott, wie er Gegenstand der
Philosophie, ein nicht menschliches
Wesen. Oder: Die Religion hat zu ihrem Gegenstande nur die moralischen, die
Philosophie aber die physischen Eigenschaften Gottes, jene denkt Gott nur in
Beziehung auf den Menschen, diese aber in Beziehung auf sich selbst oder an und
für sich selbst. »Die heilige Schrift«, sagt Sp., »gibt keine eigentliche
Definition von Gott, sie offenbart nicht die absoluten Prädikate seines Wesens,
sondern nur die Attribute der göttlichen Gerechtigkeit
und Liebe – ein deutlicher Beweis, daß die intellektuelle oder
philosophische Erkenntnis Gottes, welche seine Natur betrachtet, wie sie in sich ist und welche die Menschen
nicht in einer bestimmten Lebensweise nachahmen, nicht zum Muster ihres Lebenswandels nehmen können, schlechterdings keine
Sache des Glaubens und der geoffenbarten Religion ist.« (cap. 13) »Ich
wenigstens«, sagt er von sich (»Epist.« 34), »habe aus der heiligen Schrift
keine ewigen Attribute Gottes gelernt noch lernen können.« Die Religion stellt
Gott dar, sagt er dem Sinne nach, im Einklang mit dem sinnlichen
Vorstellungsvermögen, der Einbildungskraft des Menschen, sie »stellt ihn vor
als Lenker, als Gesetzgeber, als König, als gerecht, als barmherzig usw., aber
alle diese Attribute sind Attribute der
menschlichen Natur, die man von der göttlichen
Natur fernhalten muß«. (»Tract. Theol.-pol.«, cap. 4) »Die Theologie stellt
Gott als den vollkommnen Menschen
vor, sie schreibt daher Gott Verlangen, Abscheu an den Werken der Gottlosen,
Freude und Wohlgefallen an den Werken der Frommen zu; aber in der Philosophie,
wo nur klare Begriffe gelten, können solche Attribute, welche Gott zu einem
vollkommnen Menschen machen, sowenig ihm zugeschrieben werden als die
Eigenschaften, welche einen vollkommnen Elefanten oder Esel machen, dem
Menschen beigelegt werden können.« (»Epist.« 36) Aber was ist denn nun dieser
philosophische Gott, dieser Gott ohne menschliche Attribute, ohne Gerechtigkeit
und Barmherzigkeit, ohne Auge und Ohr, dieser Gott, der ohne Rücksicht auf den
Menschen wirkt, wirkt nur nach Gesetzen, welche sich nicht nach dem Wohle des
Menschen, das die Religion allein im Auge hat (»Religioni humanurm tantum utile intendenti«), sondern nach dem
Ganzen der Natur richten (»Tract. Theol.-pol.«, cap. 16), wirkt nur nach der
Notwendigkeit seines Wesens? Er ist, wie gesagt, nichts andres als die Natur.
Spinoza spricht dies selbst deutlich genug aus, wenn er sagt: »Gewöhnlich
stellt man sich die Macht Gottes und
die Macht der natürlichen Dinge als
zwei der Zahl nach voneinander unterschiedene Mächte vor; allein, die Kraft und
Macht der Natur ist die Kraft und Macht Gottes selbst, aber das
Wirkungsvermögen, die Macht eines Dings ist sein Wesen selbst, also das Wesen
der Natur das Wesen Gottes selbst. Wenn daher Gott, wie die Theologie beim
Wunder annimmt, wider die Gesetze der Natur handele, so würde er wider sein
eignes Wesen handeln.« (Ebd., cap. 6) »Wir kennen daher die Macht Gottes nur
soweit, als wir die natürlichen Ursachen kennen,
nichts ist darum törichter, als zur Macht Gottes seine Zuflucht zu nehmen, wenn
man die natürliche Ursache von etwas, d.h. eben die Macht Gottes, nicht kennt.«
(cap 1) »Je mehr wir die natürlichen Dinge erkennen, desto vollkommner erkennen
wir Gottes Wesen, welches die Ursache
aller Dinge ist.« (cap. 4)
Die Natur ist
also das Prinzip, der Gott, das Wesen, die Vernunft Spinozas. Was wider die Natur, sagt er selbst, ist wider die Vernunft: »Quicquid enim contra naturam
est, id contra rationem est.« (Ebd., cap. 6) Aber die Natur ist dem Sp. nicht
Gegenstand als sinnliches, sondern als unsinnliches, abstraktes, metaphysisches
Wesen, so daß das Wesen der Natur bei
ihm gar nichts andres ausdrückt als das Wesen
des Verstandes, und zwar des Verstandes,
der allein im Widerspruch oder Gegensatz gegen das Gefühl, den Sinn, die
Anschauung erfaßt ist. Halten wir uns nur z.B. an die körperliche Substanz. Sie
ist eine göttliche Wesenheit. Aber wie ist die Ausdehnung, das Wesen des
Körpers, ein göttliches Attribut – abgesondert von allen den Bestimmungen, die
sie in der sinnlichen Vorstellung und Anschauung hat, selbst von der Bestimmung
der Teilbarkeit und Vielfachheit? Aber ist denn diese abstrakte Ausdehnung noch
ein Ausdruck, ein Bild, eine Bejahung der körperlichen und nicht vielmehr nur
der denkenden Natur, des Verstandes? Das Wasser als Wasser, sagt Sp., ist
teilbar und trennbar, erzeugbar und zerstörbar, aber nicht das Wasser als
körperliche Natur. Aber was ist denn das auf die dürre, trockene Bestimmung der
bloßen Ausdehnung oder Körperlichkeit reduzierte Wasser? Ein bloßes
Vernunftding, in dem der Verstand nur sich geltend macht, sein Wesen als das
Wesen der Dinge ausspricht. Im Begriffe der körperlichen Substanz oder
Ausdehnung hat freilich das Wasser ewige Existenz, aber nur weil es keine
Existenz mehr hat. Dem Wasser wird die höchste Ehre angetan, indem es in den
Schoß der göttlichen Substanz aufgenommen wird, aber diese höchste Ehre ist
auch die letzte Ehre – die Ehre, die dem Toten erwiesen wird. De mortuis nil
nisi bene. Aber was habe ich davon, wenn du mich bei Lebzeiten einen
»stinkenden Madensack« schmähst, um dann post festum als einen Gott mich zu
preisen? Glaube mir, herrlicher Spinoza, nur das Wasser, das eine verderbliche
Existenz hat, hat auch eine wirkliche und notwendige Existenz. Oder glaubst du
nicht, daß das Wasser, welches meine Augen und Ohren ergötzt, meine Glieder
stärkt, meinen brennenden Durst mir löscht, das sinnliche Wasser, ein an Attributen unendlich reicheres und
folglich deiner eignen Philosophie zufolge göttlicheres Wesen ist als das un-
und übersinnliche Wasser, das ein aller seiner individuellen Eigenschaften
beraubtes Denkwesen ist? Oder glaubst du, daß ich meinen Verstand in den Fluten
der Sinnlichkeit ersäufe, weil ich mich jusqu'à la tête in sie hineinstürze?
Bewahre! Mir ist der Verstand so heilig wie dir, aber ich will, daß mein
Verstand mit Bewußtsein sei, was er in Wahrheit ist: die Bejahung, aber nicht die
Verneinung der Sinnlichkeit; ich will denken wie du, ich will mein Hirn nicht
am Feuer der Sinnlichkeit verbrennen, aber ich will nicht in meinem Kopfe
verneinen, als ein Non-Ens, ein Nichtsein, setzen, was ich mit allen meinen
Sinnen und Gliedern als ein Wesen, und zwar wahres, wirkliches, göttliches
Wesen, bejahe. Ich will als wahr erkennen, was ich als wirklich fühle, aber ich
will auch als ein wirkliches und folglich sinnliches Wesen fühlen, was ich als
wahres Wesen erkenne. Ich will nicht Bürger zweier
Welten, einer Intellektual- und einer Sinnenwelt sein, ich will nur einer und derselben Welt angehören, ich will mit meiner Seele da sein und
bleiben, wo ich mit meinem Leibe bin; ich will auf demselben Standpunkt denken
und wollen, auf dem ich mit meinen Beinen stehe, aus denselben Wesen und
Stoffen, aus denen ich meine leibliche Nahrung hole, auch mein nutrimentum
spiritus schöpfen. Ich will das erquickliche Wasser der Natur und Sinnlichkeit
allerdings nicht auch in meinem Kopfe trinken, genießen – suum cuique –, ich
überlasse dieses Geschäft andern Gliedern meines Leibes, aber ich will das
Wasser, das meine Sinne erquickt, doch auch im Kopf noch als Wasser erkennen
und halte nur dieses, wenngleich destillierte, doch immer noch als Wasser erkennbare
und gegen seine Auflösung in das Nichts der göttlichen Substanz oder, was eins
ist, des göttlichen Verstandes reagierende Wasser für das Wesen des Wassers.
Ich habe eben
die Natur oder Substanz, wie sie Spinoza denkt und welcher er den Namen »Gott«
gibt, und den Verstand identifiziert. Diese Identifikation wäre hinlänglich
gerechtfertigt, wenn wir auch keinen andern Ausspruch Sp.s hätten als den: »
aber nicht der Imagination, d. i. der sinnlichen Vorstellung (»Epist.« 60);
denn es ist durch Gott ist nur ein Gegenstand des Denkens oder Verstandes«,sich
selbst klar, daß, was nur ein denkbares Wesen ist, nur durch das Denken gegeben
wird, auch nur ein Denk- oder Verstandeswesen ist, gleichwie, was nur ein
sichtbares, durch das Auge gegebnes Wesen ist, nur eine optische Existenz und
Wesenheit hat. Cartesius sagt zwar, daß eigentlich selbst die Körper nicht
durch den Sinn, sondern den Verstand, den Intellekt wahrgenommen werden –
allerdings gehört auch zum Sehen, zum Wahrnehmen der Körper, der Sinnenwesen überhaupt
Verstand –, aber hier ist der Verstand nichts andres als der Sinn und Verstand
der Sinne. Das Auge zeigt mir, um ein Cartesisches Beispiel beizubehalten, den
Stock im Wasser gebrochen, die Hand gerade. Auge und Hand widersprechen sich;
dieser Widerspruch reizt mich zum Denken: Was ist der Grund, was der Sinn
dieser Erscheinung? Der Stock ist nur gebrochen für mein Auge, also ist dieser
Bruch kein wirklicher, sondern nur ein optischer. Diese Verneinung des Bruchs
als eines wirklichen und die Bejahung desselben als eines optischen sind
Urteile, Denkakte, aber drücken nichts andres aus, als was mir die Sinne
getrennt und für sich freilich verstandlos sagen. Etwas andres ist es dagegen
bei dem Wesen, dessen Wesen nicht nur, sondern dessen Dasein selbst nur eine
Sache, ein Objekt des Verstandes, des Denkens ist, dessen Wesen uns nicht durch
sein Dasein, wie es bei allen andern Wesen der Fall ist, sondern dessen Dasein
uns erst durch sein Wesen, seinen Begriff gegeben wird, dessen Existenz also
selbst (ganz im Widerspruch mit dem Wesen und Begriffe der Existenz) eine vermittelte,
gedachte, abstrakte ist. Dieses Wesen hat keine Wirklichkeit außer dem Verstande – welche wäre diese?
Du könntest sie dann ja noch mit einem außer dem Verstande existierenden oder
von ihm unterschiednen Organ wahrnehmen –, dieses Wesen drückt nichts andres
aus als das Wesen des Denkens, ist nichts andres als der sich selbst
vergötternde, als das Wesen der Wesen bejahende Verstand. Dies erhellt am
deutlichsten aus dem Begriffe, welcher das metaphysische Prinzip und Fundament
der Spinozischen Theologie und Philosophie ist – der Bestimmung der Substanz
oder Gottes als des Wesens, dessen Begriff oder Wesen die Existenz enthält oder
bei dem die Existenz nicht vom Wesen unterschieden ist, während bei den
partikulären, endlichen Dingen oder Wesen das Gegenteil stattfindet, die
Existenz vom Wesen unterschieden ist. Was ist denn nun aber der Grund und Sinn
dieses Unterschieds? Der Unterschied zwischen dem Allgemeinen und Einzelnen,
der Gattung und dem Individuum. Die endlichen Wesen sind einzelne, viele,
verschiedene, aber die Vernunft hebt das, worin sie sich gleichen, nicht
voneinander unterscheiden, für sich hervor und bestimmt dieses Gemeinsame im
Unterschied von den einzelnen als ihr Wesen. Aber dieser Unterschied zwischen
der Gattung und den Individuen oder einzelnen, zwischen dem Wesen und der
Existenz ist nichts andres als der Unterschied zwischen der Vernunft und Sinnlichkeit und sagt nichts weiter aus als: Die Existenz ist eine
Sache des Sinns, das Wesen eine Sache der Vernunft. Ewigkeit des Wesens – aber Ewigkeit ist eben keine
Sache der Imagination, nichts sinnlich Vorstellbares, sondern nur eine Sache
der Vernunft, ja, es gehört zum Wesen der Vernunft, die Dinge, d.h. ihr von der
Sinnlichkeit abgesondertes Wesen, als ewig zu denken – kommt daher auch den
endlichen Dingen zu, aber nur nicht ewige Existenz. Diese kommt allein Gott zu.
Aber warum? Weil er kein sinnliches Wesen, also bei ihm der Unterschied
zwischen Gattung und Individuum, Begriff und Anschauung aufgehoben ist. Von
Gott, sagt Sp., läßt sich kein allgemeiner Begriff abstrahieren. Allein, indem
die Vernunft das Wesen, worin sich dieser Unterschied zwischen Begriff und
Existenz aufhebt, als das göttliche, wahre Wesen ausspricht, spricht sie nur
sich als das wahre Wesen aus. Sie verurteilt ja nur deswegen die Dinge zur
Vergänglichkeit, Endlichkeit, Nichtigkeit, weil ihre Existenz nicht mit ihrem
Begriffe, d.h. nicht durch die Vernunft, sondern ein von der Vernunft unterschiednes
Organ, den Sinn, gegeben wird; sie hält es für eine Beleidigung ihrer Majestät,
daß sie sich zu den Sinnen herablassen, erniedrigen muß, um sich von ihrer
Existenz zu überzeugen; sie erklärt sich selbst für das Kriterium der Wahrheit
und Gottheit, indem sie nur das mit ihrem Wesen übereinstimende, das mit dem
Gedachtwerden identische Sein für das göttliche, wahre Sein erklärt. Die
Identität des Wesens und der Existenz drückt nichts weiter aus als die
Identität der Vernunft mit sich selbst. Wo die Existenz vom Wesen unterscheiden
ist, da ist Gütergemeinschaft zwischen ihr und den Sinnen, da gehört bloß ein Teil ihr, der andere aber den
Sinnen, da ist sie im Widerspruch mit sich, denn sie hat nur etwas und will
doch alles haben, nichts den Sinnen lassen; wo aber dieser Unterschied sich
aufhebt, wo das Wesen selbst die Existenz ist, wo Sein und Gedachtsein
zusammenfällt, da ist sie unumschränkt, vollkommen bei sich, frei von der
lästigen Opposition der Sinne. Wo die Sinne ein Wort mit darein zu reden haben,
da kann sich die Vernunft nur bedingt bejahen und geltend machen; das Wesen
aber, das nicht teilweise Vernunft (oder Objekt der Vernunft, der adäquaten
Idee), teilweise Unvernunft (oder Objekt der Sinne, der konfusen Idee), sondern
ganz Vernunft ist, ist und drückt nichts andres aus als die unbedingte
Selbstbejahung der Vernunft, als den Satz: Die Vernunft ist das absolute Wesen.
Die sinnlichen Wesen sind beschränkt,
weil der Sinn die Grenze der Vernunft ist, die Sinne der Vernunft ein »Bis
hierher und nicht weiter!« zurufen, Gott aber ist das unendliche Wesen, weil er
der Vernunft keine Schranken auflegt, weil sie in ihm an kein andres, keine
Negation anstößt, also in ihm sich als ein unendliches Wesen fühlt. Der Beweis
von der Existenz Gottes ist folglich gar nichts andres als der Beweis von der
Gottheit der Vernunft. Dies erhellt auch schon daraus, daß, was Sp. dem
Objektiven Wesen, er auch dem subjektiven Wesen, dem Begriff, der Idee
zuschreibt, denn je vollkommner, je vortrefflicher der Gegenstand der Idee,
desto vollkommner, desto vortrefflicher ist auch die Idee selbst. (»De Intell.
Emend.«, p. 456) Wie es daher absolute Wesenheiten gibt, dergleichen die
Attribute der Substanz sind, so gibt es auch absolute Begriffe oder Ideen. Was wir
in der Substanz, das haben wir im Verstande, im Intellekt, und umgekehrt; der
Verstand ist die (sozusagen) idealistische oder subjektive Substanz, die
Substanz der realistische oder Objektive Verstand, der Verstand als res, als
Wesen, Ding. »Mens nostra... Dei naturam
objective (in unserer Sprache: subjektiv) in se continet et de eadem
participat.« (»Tract. Theol.-pol.«, cap. 1) Der klare und deutliche Begriff,
sagt Sp. z.B. »Epist.« 42, hängt ab von der »absoluten Macht unsers Geistes«,
folglich, da Macht und Wesen identisch sind, von seinem absoluten,
unabhängigen, durch sich selbst allein begreifbaren Wesen, aber das Wesen
Gottes oder der Substanz ist ein adäquater, klarer und deutlicher Begriff, also
ist das göttliche Wesen nicht das absolute Wesen schlechtweg und ohne Beisatz,
sondern das absolute Wesen des Geistes, der Vernunft, des Denkvermögens. Doch
wieder zurück zur Hauptsache. Das Geheimnis, der wahre Sinn der spinozistischen
Philosophie ist – die Natur. Aber die Natur ist ihm nicht als Natur, das
sinnliche, antitheologische Wesen der Natur ist ihm nur als abgezognes,
metaphysisches, theologisches Wesen – als Gott Gegenstand. Sp. hebt in der
Natur Gott auf, aber er hebt auch wieder umgekehrt die Natur in Gott auf. Er
verwirft den Dualismus von Gott und Natur: Die Wirkungen der Natur, nicht die
Wunder, sind Wirkungen Gottes, aber gleichwohl bleibt doch Gott als ein von der
Natur unterschiednes Wesen zugrunde liegen, so daß Gott die Bedeutung des
Subjekts, die Natur nur die des Prädikats hat. Die christlichen Philosophen und
Theologen warfen dem Sp. Atheismus
vor. Mit Recht; die Aufhebung der Gemütlichkeit, der Gütigkeit und
Gerechtigkeit, der Übernatürlichkeit, der Ungebundenheit, der Wundertätigkeit,
kurz, der Menschlichkeit Gottes ist die Aufhebung Gottes selbst. Ein Gott, der
keine Wunder tut, keine von den Naturwirkungen unterschiedne Wirkungen
hervorbringt, sich also nicht als ein von der Natur unterschiednes Wesen
erweist, ist in der Tat kein Gott.
Aber Sp. wollte kein Atheist sein und konnte es auch auf seinem Standpunkt und
in seiner Zeit nicht sein. Er macht also die Verneinung Gottes zur Bejahung
Gottes, das Wesen der Natur zum Wesen Gottes. Ist aber Gott kein besonderes,
persönliches, von der Natur und dem Menschen unterschiednes Wesen, so ist er
ein ganz überflüssiges Wesen – denn nur in dem Unterschied liegt der Grund und
die Notwendigkeit eines Wesens –, der Gebrauch des Wortes »Gott«, mit dem sich
immer die Vorstellung eines besondern, unterschiednen Wesens verbindet, ein
störender, verwirrender Mißbrauch. »Gott ist ein ausgedehntes Wesen.« Warum?
Weil die Ausdehnung Wesenheit, Wirklichkeit, Vollkommenheit ausdrückt. Wozu
machst du also die Ausdehnung und das mit ihr verbundne Denken zu Attributen
oder Prädikaten eines Wesens, das dir eben durch diese Prädikate nur als etwas
Wesenhaftes, Seiendes, Wirkliches gegeben ist? Hast du nicht ebensoviel
Wahrheit, Wesenheit, Vollkommenheit ohne Gott als mit Gott? Ist er etwas andres
als ein Name, und zwar ein Name, mit dem du nur deine eigne Unbestimmtheit,
Unklarheit und Unfreiheit ausdrückst? Warum willst du als Naturalist noch
Theist und als Theist zugleich Naturalist sein? Weg mit diesem Widerspruch!
Nicht »Deus sive Natura«, sondern »Aut Deus, aut Natura« ist die Parole der
Wahrheit. Wo Gott mit der Natur oder umgekehrt die Natur mit Gott identifiziert
oder konfundiert wird, da ist weder
Gott noch Natur, sondern ein
mystisches, amphibolisches Zwitterding. Dies ist der Grundmangel Spinozas.
Die Darstellung ging aus Vorlesungen hervor, die Feuerbach Anfang der dreißiger Jahre in Erlangen gehalten hatte. Erstdruck: Ansbach 1833. Hier nach der 1847 publizierten Fassung letzter Hand: Ludwig Feuerbach's sämmtliche Werke, Bd. 4, Leipzig 1847. [zeno.org]

