Uit Lotte Brunner’s Dagboek

In het vorige blog, "Lotte Brunner’s Dagboek over Constantin Brunner en Spinoza," gaf ik al aan daaruit nog enige teksten die handelen over Spinoza door te geven. Eerst een paar 'onschuldige' maar interessante uitspraken en daarna een brief van juni 1923, waarin Brunner voor het eerst, en dan en privé, iets meer laat zien van waarin hij verschilt met Spinoza.

    

Potsdam, 22. Juni 1923

 

»Mein lieber PINNER,

 

der spekulative Fortschritt und der Fortschritt im spekulativen Ausdruck hat mich aufs Höchste erfreut und froh gemacht. Und Ihre Fragen? Die beantworten Sie sich ja selbst schon, indem Sie bemerken, Sie dürften Spinozas Definitionen auf mein Denken nicht anwenden. Nein; denn ich denke nicht in Spinozas Formen; die durchweg nicht einmal seine Formen, sondern die allgemein scholastischen sind. Spinozas Gedanken erscheinen mir ganz vollkommen; aber ich bin kein Spinozist, d. h. ich denke nicht in den Formen, in denen er sich uns entgegenbringt, ja ich weiß, daß diese Formen geeignet sind, manche, die meisten, beinah alle zu verwirren und abzuschrecken. Daß ich meinerseits niemals kritisch öffentlich, sondern — schriftlich wenigstens zum erstenmal — nur in diesem Privatissimum an Sie über solche Bewandtnis mit seinen Formen und seiner Methode, sich mitzuteilen, den Mund öffne, übrigens aber immer nur, um die Vollkommenheit seiner innerlichen Natur her-auszustellen: das geschieht aus dem gleichen Grunde, weswegen ich einen vorzüglichen Menschen schätzen, bewundern und lieben würde auch für den Fall, daß er sich mir mit einer umständlichen und krummen Nase präsentieren müßte . . .

 

Spinoza hat eine krumm-umständliche und, ich möchte sagen, mehrfache Nase, die ich Ihnen folgendermaßen (unter Weglassung noch von manchen Ausbuchtungen) vorskizziere:

 

Substantia
sive Deus
sive Natura
Infinita attributa
Modi attributorum

 

Cogitatio                                                                                      Extensio
sive ideae                                                                                     sive res

 

                                                                                                       sive motus

 

                                                                                                       et quies

                                  cogitatio sive ordo idearum
                                      idem est ac ordo rerum

 

Meine Nase sieht anders aus. Ich kenne nur das Eine Denkende, das sich absolut und das sich relativ Denkende, und kenne auch nicht mehrere Attribute, sondern nur die Relativität des Absoluten, die relative Auffassung vom Absoluten in der Relativität, d. h. in der bewegten Körperlichkeit durch die Innerlichkeit der bewegten Körperlichkeit, je nach dem Bewegungsgrade. Die danach verschiedenen, unendlich verschiedenen Auffassungen durch die unendlich verschiedenen Bewegungszustände sind die unendlich verschiedenen relativen Auffassungen vom Absoluten, welche Spinoza die unendlichen Attribute nennt. Der Einheit des absoluten Geistes entspricht die Einheit der relativen Bewegung mit ihrer relativen Bewußtseinsinnerlichkeit.

 

Sollte Ihnen betreffend die Verschiedenheit der Denkformen oder übereinstimmung des Gedankeninhaltes noch etwas unklar geblieben sein, so wollen wirs mündlich glatt machen, wie alles übrige im Fleisch und in der Wahrheit, im Beisammensein, wann? abgemacht werden soll. Könnten Sie am Sonntag in acht Tagen kommen, 1. Juli? Können Sie dann nur absolut nicht relativ bei mir sein, so geben Sie mir bitte, einen Tag oder mehrere Tage zur Auswahl für die Relativität an, die auch mir die herzlich erwünschteste ist.

 

B.